6.2.2 Der Luftfahrzeugschlepp
(F-Schlepp)
Aerotow
Bei der F-Schlepp-Methode wird ein Segelflugzeug von einem Schleppluftfahrzeug mit einem Schleppseil auf die gewünschte Höhe geschleppt. Der F-Schlepp ist teurer als der Windenstart und verursacht Lärmbelästigung, hat aber die folgenden Vorteile:
- der Schlepppilot kann das Segelflugzeug an einem beliebigen Ort absetzen, zum Beispiel in der Thermik
- braucht eine kürzere Startbahn
- braucht weniger Helfer für einen Start
In diesem Kapitel über den F-Schlepp werden die folgenden Teile beschrieben:
- 6.2.2.1 Luftfahrzeug-Schlepp-Verfahren
- 6.2.2.2 Einklinken des F-Schleppseils
- 6.2.2.3 F-Schleppstart
- 6.2.2.4 F-Schlepp bei Seitenwind (Start)
- 6.2.2.5 Sonstiges zum F-Schlepp
6.2.2.1 Luftfahrzeug-Schlepp-Verfahren
Die im Folgenden beschriebenen Verfahren geben einen Einblick in den Start im Luftfahrzeugschlepp, der üblicherweise und auch hier weiter als F-Schlepp bezeichnet wird. Es sind nicht alle Belange ausführlich beschrieben, z.B. die Anwendung von farbigen Tafeln oder Fahnen für den Winker. In jedem Fall ist die SBO in der aktuell gültigen Fassung verbindlich.
Zum Schleppen von Segelflugzeugen muss das Schleppluftfahrzeug einen Schleppkupplung haben, die vom Schlepppiloten betätigt werden kann, oder mit einem Schleppseil an einer Seileinzugsvorrichtung ausgestattet sein.
Die Schleppbahn muss hinreichend lang und ausreichend breit sein. Es muss ein Bereich für das Abwerfen des Schleppseils vorhanden sein, wenn nicht mit anhängendem Seil gelandet werden darf. Ob ein Schleppzug parallel zu anderen motorgetriebenen Luftfahrzeugen starten darf und weitere Details werden durch die Flugplatzgenehmigung geregelt.
Das Schleppseil ist ca. 30 bis 60 Meter lang. Das Schleppen mit einem kürzeren Schleppseil ist schwieriger und weniger stabil als das Schleppen mit einem längeren Seil. Insbesondere bei turbulentem Wetter und bei Verwendung einer Schwerpunktkupplung kann dies zu unsicheren Situationen führen.
Die Piloten der Segelflugzeuge haben manchmal die Tendenz, das Schleppluftfahrzeug nach dem Abheben aber auch während des Schlepps zu übersteigen und dadurch das Heck des Schleppluftfahrzeuges anzuheben. Dies sollte so schnell wie möglich korrigiert werden. Es besteht akute Gefahr. Bei Verwendung eines kurzen Schleppseils wird das Schleppluftfahrzeug am Heck noch stärker angehoben. Besonders Segelflugzeuge, die an der Schwerpunktkupplung geschleppt werden, neigen dazu, wie beim Windenstart die Nase hochzunehmen.
Die Sollbruchstelle des Schleppseils ist meist segelflugzeugseitig angebracht und hat die im Flughandbuch des jeweiligen Luftfahrzeugtyps vorgeschriebenen Bruchlast. Diese darf nicht höher sein als die für das Schleppluftfahrzeug zugelassene Anhängelast. Die im Handbuch angegebene Bruchlast ist die maximale Stärke, die von der Konstruktion des Luftfahrzeugs toleriert wird. Wenn z.B. das Handbuch für das Segelflugzeug blau und das Handbuch für Schleppluftfahrzeug weiß vorschreibt, dann wähle weiß. Der kleinste zulässige Wert bestimmt die maximal zugelassene Bruchlast für diese Konfiguration.
Die Zugfestigkeit des Schleppseils muss mindestens das 1,5-fache der Bruchlast der zum Schleppen verwendeten Sollbruchstelle betragen. Das Schleppseil hat, wie das Windenseil, ein Doppelringpaar zum Einhängen des Segelflugzeugs.
Das Schleppluftfahrzeug muss über eine ausreichende Leistung verfügen, um das Segelflugzeug sicher hoch zu schleppen. Das Schleppluftfahrzeug muss in der Lage sein, das Segelflugzeug auf einer windstillen, kurzgeschnittenen Graspiste über eine Strecke von 600 Metern auf mindestens 15 Meter Höhe zu schleppen.
Beachte:
6.2.2.2 Einklinken des F-Schleppseils
Besteht eine Funkverbindung zwischen einer Funkstelle außerhalb des Schleppzuges und dem Schlepppiloten, so kann auf den Winker verzichtet werden.
6.2.2.3 F-Schleppstart
Vor dem Start
- Haubenfenster schließen, ggf. Lüftung öffnen
- Trimmung leicht kopflastig
- Schleppstrecke frei und Windrichtung geprüft
- ausreichend Abstand zu Hindernissen
Während des Anrollens
- Tragflächen horizontal halten und ggf. den Propellerwirbel ausgleichen
- größere und schnellere Ruderausschläge
- ausklinken, wenn das Segelflugzeug ausbricht oder eine Tragfläche den Boden berührt
Nach dem Abheben
- Schleppluftfahrzeug nicht übersteigen.
- Höhe halten, bis das Schleppluftfahrzeug abgehoben hat
Während des F-Schlepp
- Schleppluftfahrzeug nicht übersteigen
- gleicher Kurvenradius wie das Schleppluftfahrzeug
- durchhängendes Schleppseil vermeiden
Nach dem Ausklinken
- Nachklinken und Schleppseil beobachten
- Kontrolle, ob ausgeklinkt ist
- Wenn Luftraum rechts frei, dann Kurve nach rechts und Fahrt auf Normalfahrt reduzieren.
F-Schlepp-Starts lernst du in Abschnitten. Beim ersten F-Schlepp startet der Fluglehrer. Er übergibt dir das Steuer dann in sicherer Höhe. Wenn das funktioniert, lernst du, den vollständigen Start selbst durchzuführen.
Hier wird der Start von Beginn an und ohne Seitenwind beschrieben.
Vor dem Start
Für den Schleppvorgang wird die Bugkupplung anstelle der Schwerpunktkupplung verwendet. Das Schleppluftfahrzeug fliegt in der Regel mit mehr als 110 km/h. Dies ist schneller, als du normalerweise fliegst. Für schnelleres Fliegen sollte deshalb die Trimmung leicht kopflastig eingestellt werden. Du wirst sehen, dass der F-Schlepp eine ganz andere Technik ist, als der Windenschlepp.
Während des Anrollens
Während des Starts rollst du relativ lange hinter dem Schleppluftfahrzeug her. Achte darauf, dass du die Tragflächen waagerecht hältst und genau hinter dem Schleppluftfahrzeug bleibst. Durch die geringe Fahrt zu Beginn des F-Schlepp hast du nur geringe Ruderwirkung. Größere und schnellere Ruderausschläge sind deshalb zur Korrektur erforderlich. Während der ersten Meter hältst du das Höhenruder neutral und konzentrierst dich auf die horizontale Lage der Tragflächen. Der Propeller des Schleppluftfahrzeuges verursacht einen rotierenden Luftstrom hinter dem Schleppluftfahrzeug. Dies wird als Propellerstrahl oder „prop wash“ bezeichnet.
Beim Schleppflug fliegt man über dieser turbulenten Strömung, aber beim Anrollen am Boden ist man mittendrin und da der Schlepppilot Vollgas gibt, ist die Störung sehr groß. Durch den "prop wash" liefert ein Flügel des Segelflugzeuges mehr Auftrieb und dieses will deshalb eine Rollbewegung einleiten. Dem kann nur durch angepasste Querruderausschläge entgegengewirkt werden.
Beim Rollen auf dem Boden
Berührt eine Fläche den Boden oder bricht dein Flugzeug aus, musst du sofort ausklinken. Halte den gelben Ausklinkgriff nicht fest, um nicht unbeabsichtigt auszuklinken. Beim Anrollen und noch sehr geringer Ruderwirkung hilft dir der Sporn/ Spornrad bzw. das Bugrad, die Richtung zu halten. Mit zunehmender Fahrt wird die Wirkung der Ruder effektiver. Versuche, so früh als möglich nur auf dem Hauptrad zu rollen. So kannst du die Position hinter dem Schleppluftfahrzeug am besten kontrollieren. Bei ausreichender Geschwindigkeit hebt das Segelflugzeug von selbst ab.
Ausbalancieren auf dem Hauptrad
Bei einem Segelflugzeug mit einem Bugrad liegt der Schwerpunkt vor dem Hauptrad. Solange das Bugrad auf den Boden drückt, kannst du die Richtung des Segelflugzeuges nicht ändern. Du musst daher das Bugrad vom Boden abheben. Nehme den Steuerknüppel während des Rollens langsam nach hinten, bis das Bugrad vom Boden abhebt. Dann lasse den Steuerknüppel leicht nach, so dass das Segelflugzeug nur auf dem Hauptrad rollt. Wenn du zu stark am Steuerknüppel ziehst, dann berührt das Spornrad den Boden und das Segelflugzeug hebt möglicher weise bei noch geringer Geschwindigkeit zu früh ab.
Bei ausreichender Geschwindigkeit beginnt das Segelflugzeug von selbst zu fliegen.
Segelflugzeug ohne Bugrad
Bei einem Segelflugzeug ohne Bugrad liegt der Schwerpunkt hinter dem Hauptrad. Auch hier musst du versuchen, das Spornrad bzw. den Sporn vom Boden zu bekommen. Um das Heck vom Boden abzuheben, musst du den Steuerknüppel leicht drücken. Wenn die Nase nach unten geht, und der Sporn abhebt, bringe den Steuerknüppel zurück Richtung neutral Lage, bevor der Rumpf die Landebahn berührt. Wiederum bei ausreichender Geschwindigkeit beginnt dein Segelflugzeug von selbst zu fliegen. Benutze das Seitenruder, um gerade hinter dem Schleppluftfahrzeug zu bleiben Mit zunehmender Geschwindigkeit wirken die Ruder effektiver und das Steuern fällt dir leichter.
Nach dem Abheben
Das Segelflugzeug wird in der Regel früher abheben, als das Schleppluftfahrzeug. Solange das Schleppluftfahrzeug nicht abgehoben hat, darfst auch du nicht steigen. Hebe niemals das Heck des Schleppluftfahrzeugs an! Bleibe so knapp als möglich über dem Boden, bis das Schleppluftfahrzeug abgehoben hat. Hat der Schleppzug die Halbbahnmarkierung erreicht oder bereits überrollt und das Schleppflugzeug noch nicht abgehoben, solltest du, je nach Startbahnlänge, sofort ausklinken und kurz landen, um dadurch dem Schleppflugzeug einen gefahrlosen Start ermöglichen.
Ein Start im F-Schlepp erfordert hohe Konzentration. Bei turbulentem Wetter hast du keine Zeit, dich umzusehen. Behalte das Schleppluftfahrzeug ständig im Auge und korrigiere immer so früh als möglich, ohne hektisch zu reagieren. Besonders zu Beginn des Starts, solange sich der Schleppzug noch in Bodennähe befindet, ist es gefährlich das Seitenfenster zu schließen, die Karte wegzulegen, eine Fliege im Cockpit zu jagen ...
Position hinter dem Schleppflugzeug
Du hast vielleicht schon einmal etwas vom Tiefschlepp gehört. Diese Schleppart wird von den Schlepppiloten nicht bevorzugt, da sie dich nicht im Rückspiegel sehen können. Außerdem ist sie in Deutschland eher unüblich. Allerdings kann es Situationen geben, bei denen der Tiefschlepp durchaus sinnvoll sein kann, z.B. bei schwachen, langsam fliegenden Schleppflugzeugen, bei extrem starker Böigkeit während des Schlepps oder bei gewolltem Sinkschlepp, entweder zurück zum Flugplatz oder zum Ausweichen vor schlechtem Wetter oder Unterfliegen absinkender Wolkenbasis beim Überlandflug.
Viele kleine und zügige Korrekturen sind erforderlich, um korrekt hinter dem Schleppluftfahrzeug zu bleiben. Wenn du nichts tust, wird die Abweichung größer. Je früher du eine Abweichung korrigierst, desto kleiner ist die erforderliche Korrektur.
Ein Schleppluftfahrzeug schleppt normalerweise mit höherer Geschwindigkeit, als du im freien Flug hast. Dein Segelflugzeug hat dann die Neigung, über die Schleppmaschine zu steigen. Dies wird durch Drücken des Steuerknüppels verhindert. Stelle die Trimmung leicht kopflastig. Dann benötigst du weniger Kraft am Knüppel. Beachte, dass aufgrund der höheren Geschwindigkeit die Ruderwirkung groß ist. Kleine Ausschläge sind ausreichend.
Kurvenflug
Schleppseil
Wenn das Schleppseil jedoch stark durchhängt (1), kannst du es durch leichtes Schieben im Schlepp oder durch leichtes ausweichen zu einer Seite wieder straffen. Wenn dieses Verfahren nicht ausreicht, fahre kurz die Luftbremse ein wenig aus. Du sinkst kurzzeitig stärker als das Schleppluftfahrzeug und erhöhst den Luftwiderstand. Dein Segelflugzeug wird abgebremst und dadurch strafft sich das Schleppseil wieder (2). Bevor das Schleppseil wieder ganz straff ist, fahre die Luftbremsen wieder ein, damit die Geschwindigkeitsdifferenz zum Schleppluftfahrzeug nicht zu groß und in Folge dessen der Ruck beim Straffen des Schleppseiles zu groß wird.
Ausklinken
Die Position, an der du ausklinken möchtest bestimmst du im Normalfall selbst (Einflug Thermik oder Erreichen der geplanten Flughöhe). Jedoch ist es auch üblich, dass der Schlepppilot am vorgesehenen Ausklinkpunkt das Signal zum Ausklinken durch deutliches Wackeln mit den Tragflächen gibt. Diese gut erkennbare, mehrmalige Rollbewegung um die Längsachse des Schleppflugzeugs bedeutet, dass du ausklinken musst (es könnte ja auch ein Notfall seitens des Schleppflugzeuges vorliegen).
6.2.2.4 F-Schlepp bei Seitenwind
Vor dem Start
- Trimmung leicht kopflastig
- Schleppstrecke frei und Windrichtung geprüft
- ausreichender Abstand zu Hindernissen
- Auf seitliches Ausbrechen vorbereitet
Während des Anrollens
- Tragflächen horizontal oder nach Luv leicht tiefer halten und ggf. den Propellerwirbel ausgleichen
- Windfahneneffekt ausgleichen
- sofort ausklinken bei Bodenbrührung einer Tragfläche oder, falls das Ausbrechen des Segelflugzeuges nicht verhindert werden kann
Nach dem Abheben
- Über der Bahnmitte bleiben.
- Schleppluftfahrzeug nicht übersteigen
- Höhe halten, bis das Schleppluftfahrzeug abgehoben hat
- Im Schleppzug den erforderlichen Vorhaltewinkel einnehmen
- Abdrift verhindern
Während des F-Schlepp
- Schleppluftfahrzeug nicht übersteigen
- gleicher Kurvenradius, wie das Schleppluftfahrzeug
- durchhängendes Schleppseil vermeiden
Nach dem Ausklinken
- Schleppseil beobachten
- Kontrolle, ob ausgeklinkt ist
- Kurve nach rechts
Vor dem Start
Windfahneneffekt (1)
Der Wind wirkt auf dein Seitenleitwerk und versucht das Segelflugzeug um das Hauptrad herum gegen den Wind zu drehen. Solange du das Bug- oder Spornrad am Boden lässt, bleibt dein Segelflugzeug besser in der Spur. Dem Windfahneneffekt wirkst du entgegen, indem du das Seitenruder in entgegengesetzte Richtung ausschlägst. Zusätzlich hilft es, wenn du das Segelflugzeug etwas luvseitig zur Grundlinie hinter dem Schleppluftfahrzeug aufstellst.
Versetzen nach dem Abheben (2) / Vorhalten (3)
Hebt das Segelflugzeug vor der Schleppmaschine ab, wird es durch den Seitenwind seitlich versetzt. Um hinter dem Schleppluftfahrzeug zu bleiben hältst du mit Seitenruder und nur geringer Querneigung vor. Das bedeutet, dass die Nase des Segelflugzeugs gegen den Wind und vorbei am Schleppluftfahrzeug zeigt. Querneigung ist in Bodennähe kritisch, da die Tragfläche auf keinen Fall den Boden berühren darf.
Schleppzug hat abgehoben (4)
Wenn auch das Schleppluftfahrzeug in der Luft ist, kannst du wieder die gewohnte Position hinter dem Schleppluftfahrzeug einnehmen.
6.2.2.5 Sonstiges zum F-Schlepp
Anker: Einklinken = F-Schlepp1; Start = F-Schlepp2; Seitenwind = F-Schlepp3; Sonstiges = F-Schlepp4