6.7 Notverfahren
Emergency procedures
Dieser Abschnitt über Notverfahren ist unterteilt in:
- 6.7.1 Notverfahren bei Start und Landevorgängen
- 6.7.2 Wetterbedingte Notfälle
- 6.7.3 Ausleiten Trudeln
- 6.7.4 Technisches Versagen
- 6.7.5 Landung in besonderen Fällen
Beachte:
6.7.1 Notverfahren bei Start- und Landevorgängen
Notverfahren bei Abbruch eines Windenstarts
(Bodenberührung beim Anrollen, Seilriss, Leistungsabfall der Winde, gefährlich überhöhte Geschwindigkeit im Windenschlepp)
Notverfahren vor dem Anrollen
Beim Betrieb von Mehr-Trommel-Winden ist der Startleiter dafür verantwortliche, dass nicht genutzte weitere Seile den erforderlichen seitlichen Abstand vom startbereiten Segelflugzeug haben (siehe Abschnitt 6.2.1.3 Einklinken beim Windenstart).
Wenn du beim Anrollen bemerkst, dass nicht genutzte Seile nicht den erforderlichen Seiten-Abstand haben, klinkst du sofort aus und klärst den Sachverhalt mit dem Startleiter.
Notverfahren bei Bodenberührung beim Anrollen
Beim Anrollen besteht die Gefahr der Bodenberührung mit einer Tragfläche (Flächenhalter läuft nicht lange genug mit; seitliche Windkomponente; späte Reaktion des Luftfahrzeugführers; schlechte Querruder-Wirkung beim Anrollen; etc.). Deshalb ist es wichtig, dass die Start- und Landebahnen ständig kurz gemäht und eben sind. Bei höherem Grasbewuchs besteht die Gefahr, dass die Tragflügelenden hängen bleiben, das Segelflugzeug ausbricht und es zu einem schweren Unfall kommt.
Bei Bodenberührung einer Tragfläche klinke sofort aus!
Halte beim Start die linke Hand im Bereich des gelben Ausklinkgriffs, um im Notfall sofort ausklinken zu können Binde die Position und die Erreichbarkeit des gelben Ausklinkgriffs in deinen Startcheck ein!
Beachte: Wie in Abschnitt 1.10.7 Segelfluggelände erläutert, gilt bei Grasbahnen als Grenzwert für die Grashöhe auf Start- und Landeflächen nach der Flugsicherheitsmitteilung FSM 3-75 etwa 8 cm.
Unter diesem Link (https://www.youtube.com/watch?v=MuTapfTWTQQ) findest du ein Video, in dem ein Segelflugzeug bei hohem Grasbewuchs im Anrollen Bodenberührung hatte. Glücklicherweise haben beide Piloten den Unfall überlebt.
Notverfahren bei Seilriss
Ziel der Übung: Überprüfung der richtigen Reaktion auf einen unerwarteten Seilriss.
Der Segelfluglehrer klinkt das Segelflugzeug bei der in der Übung gewünschten Höhe aus und erwartet folgende Reaktion:
Zügig nachdrücken, deutlich mehr als in normaler Fluglage und mit Landegeschwindigkeit fliegen; unkontrolliertes, hastiges Nachdrücken vermeiden | |
3 x nachklinken, aktuell geflogene Geschwindigkeit prüfen und laut vorsagen | |
Nachdenken und Landeverfahren festlegen
• Vorsicht bei der Betätigung der Luftbremsen
• Bei einem Seilriss in geringer Höhe: geradeaus landen
• Bei einem Seilriss oberhalb von ca. 100 m AGL: Landeoval; Umkehrkurve; verkürzte
Platzrunde
• Wenn das Seil in größerer Höhe reißt: Überprüfe die Höhe; verkürzte ggf. normale Platzrunde |
Eine Startunterbrechung kann verschiedene Ursachen haben:
- Windenschleppseil wird überbeansprucht und reißt. Das ist der klassische Seilriss
- Sollbruchstelle bricht bei Überlastung
- Schleppleistung der Winde lässt nach
- Du klinkst wegen gefährlich hoher oder zu niedriger Geschwindigkeiten aus
Die möglichen Notverfahren werden während der Ausbildung mehrfach geübt, damit du bei einer Startunterbrechung die erforderlichen Maßnahmen durchführen und sicher landen kannst. Du darfst nie hastig und unkontrolliert reagieren.
Jeder Alleinflieger erlebt irgendwann einmal einen Seilriss oder Sollbruchstellen-Bruch. Deshalb ist das zugehörige Notverfahren ein verpflichtender Bestandteil der Ausbildung vor dem ersten Alleinflug.
Es gibt je nach erreichter Flughöhe, Platzverhältnissen und Wetterbedingungen unterschiedliche Möglichkeiten:
- Geradeauslandung
- Umkehrkurve, Landeoval oder Vollkreis
- Platzrunde (ggf. verkürzt)
- Außenlandung
Abhängig von lokalen Bedingungen gibt es in unmittelbarer Platznähe mitunter Außenlande-möglichkeiten, die mit wenigen Richtungsänderungen und aus geringer Höhe sicher erreichbar sind. Du kannst diese Möglichkeiten aus Sicherheitsgründen ebenfalls nutzen. Dein Segelfluglehrer wird dich hierzu einweisen.
Prüfe vor jedem Flug, insbesondere auf einem unbekannten Flugplatz, wo du Platz zum Landen hast für den Fall, dass du einen Seilriss bekommst.
Die erste Maßnahme bei Seilriss ist immer die Einnahme einer angepassten Längsneigung (Nachdrücken), die zu einer sicheren Fluggeschwindigkeit führt. Du drückst deutlich mehr als in normale Fluglage. Vermeide unkontrolliertes, hastiges Nachdrücken. Vorsicht bei der Betätigung der Luftbremsen!
Sage dir und deinem Segelfluglehrer bei einer Startunterbrechung die aktuelle Geschwindigkeit und das von dir vorgesehene Startabbruch- und Landeverfahren laut vor. So lernst du immer richtig zu reagieren, und es fällt dir leichter, diese kritische Phase zu meistern.
Bei Seitenwind kurvst du nach dem Seilriss, wenn möglich, mit dem Wind weg und beendest die (verkürzte) Platzrunde mit einer Landekurve gegen den Wind.
Merke (die drei N):
- Nachdrücken (Landeanfluggeschwindigkeit), unkontrolliertes, hastiges Nachdrücken vermeiden.
- Nachklinken (dreimal ausklinken), aktuell geflogene Geschwindigkeit prüfen und laut vorsagen. Vergiss nicht, auszuklinken, da du sonst mit einem Stück Seil herumfliegen könntest.
- Nachdenken (Startabbruch- und Landeverfahren festlegen, aktuelle Geschwindigkeit und das von dir vorgesehene Verfahren laut vorsagen, Vorsicht bei der Betätigung der Luftbremsen).
Verhalten bei Startunterbrechung (siehe Zeichnungen):
Seilriss unterhalb 100 m AGL:
Seilriss im kritischen Bereich um 100 m AGL:
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- Landung geradeaus
- Landung gegen die Startrichtung
- Landung quer zur Startrichtung
- Landung nach verkürzter Platzrunde
- Landung außerhalb des Flugplatzes
Bei Seilriss im kritischen Bereich kann es vorkommen, dass du in Höhen deutlich unter 100 m AGL Kurven fliegen musst. Solange du eine angepasste Längsneigung bei einer sicheren Fluggeschwindigkeit einnimmst, ist das kein Problem.
Du hast gelernt, deine Fluggeschwindigkeit im „Normal-Flug“ vorzugsweise über das Horizontbild zu kontrollieren. Leider ist das Fliegen in niedriger Höhe bei diesem „eingeübten“ Horizontbild nicht mehr möglich; du wirst zu langsam (Problem des „steigenden Horizonts“). Weiterhin besteht in niedriger Höhe die Gefahr, abhängig von lokalen Bedingungen unbewusst ansteigenden Geländekonturen nachzufliegen; auch hier wirst du zu langsam.
Seilriss über 100 m AGL:
nachdrücken, 3 x nachklinken, nachdenken, Positionsbestimmung und Entscheidung zum Landeverfahren.
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In der Regel landest du über eine (verkürzte) Platzrunde auf den Landefeld.
Wenn sich herausstellt, dass du nicht hoch genug bist, um über eine verkürzte Platzrunde auf dem Landefeld zu landen, drehe früher ein und lande zwischen dem Startpunkt und der Winde.
Die Entscheidungs-Höhen für die verschiedenen Varianten sind ca.-Angaben und überlappend sowie auch abhängig von
- Platzlänge und -breite,
- Windverhältnissen,
- Schleppverlauf etc.
Notverfahren bei Leistungsabfall der Winde
Gefährlich überhöhte oder zu niedrige Geschwindigkeit im Windenschlepp
Kapp-Vorrichtung
An der Winde befindet sich eine Kapp-Vorrichtung. Wenn sich das Seil beim Ausklinken, auch bei mehreren Versuchen des Piloten, nicht von der Kupplung löst, kappt der Windenfahrer das Seil.
Du fliegst dann weiträumige Kreise über einem offenen Teil des Platzes und landest mit einem Stück Seil am Segelflugzeug. Wegen des Gewichts des Seils musst du ca. 20 km/h schneller fliegen.
Notverfahren bei Abbruch eines Luftfahrzeugschleppvorganges
Jeder Pilot erlebt einen Seilriss während eines Windenstarts, aber ein abgebrochener F-Schlepp ist eine große Ausnahme. Wenn der F-Schleppvorgang abgebrochen wird, z.B. durch einen Seilriss des Schleppseils oder durch eine Störung an der Schleppmaschine, gehst du wie folgt vor:
Während des Rollens
- Bei Bodenberührung einer Tragfläche klinke sofort aus!
Halte beim Anrollen die linke Hand im Bereich des gelben Ausklinkgriffs, um im Notfall sofort ausklinken zu können. Binde die Position und die Erreichbarkeit des gelben Ausklinkgriffs in deinen Startcheck ein!
Beachte: Grenzwert Grashöhe 8.cm wie in Abschnitt 1.10.7 Segelfluggelände, erläutert. - Wenn das Schleppflugzeug eine Störung hat, steuert das Segelflugzeug nach rechts und das Schleppflugzeug steuert nach links, Seil ausklinken.
Während des Schlepps
- Achte während eines Schlepps auf geeignete Landeflächen in der Nähe des Flugplatzes.
- Abbruch des Schlepps unter ca. 100 m AGL:
Versuche eine Geradeauslandung auf einem Feld oder einer Wiese in Startrichtung. - Abbruch des Schlepps oberhalb von ca. 100 m AGL:
Schätze ab, ob du es bis zum Flugplatz schaffen kannst. Mit 100 Höhen-Metern kann ein Segelflugzeug einige Kilometer zurücklegen. Meist ist die Rückkehr zum Platz die sicherere Alternative und lande, wenn es machbar erscheint, das Segelflugzeug irgendwo auf dem Flugplatz. Entscheide dich rechtzeitig, und wenn du der Entfernung und deiner Höhe nicht traust, landest du außerhalb des Flugplatzes gegen den Wind.
Warnsignale des Schlepppiloten
Heutzutage haben die meisten Schleppflugzeuge und Segelflugzeuge ein Funkgerät. Wenn etwas nicht in Ordnung ist, kann es sofort gemeldet werden.
Wenn kein Funkkontakt besteht und der Schlepppilot z.B. feststellt, dass deine Luftbremsen ausgefahren sind, bewegt er das Seitenruder in schneller Folge hin und her. Dies ist das Zeichen, dass etwas mit deinem Segelflugzeug nicht stimmt.
Wenn das Schleppflugzeug in ungewohnter Höhe mit den Flächen zu wackeln beginnt (nicht zufällig ein wenig durch Turbulenzen), klinke sofort aus. Wenn dies in einer Höhe unter 75 Metern geschieht, lande irgendwo gegen den Wind.
Die höchstzulässige Schleppgeschwindigkeit wird überschritten
Wenn während eines Luftfahrzeugschlepps die für das Segelflugzeug höchstzulässige Schleppgeschwindigkeit dauerhaft überschritten wird, melde dies dem Schlepppiloten über Funk. Der Schlepppilot wird die Schleppgeschwindigkeit, soweit möglich, reduzieren.
Wird die für das Segelflugzeug höchstzulässige Schleppgeschwindigkeit (in größerer Höhe) weiterhin dauerhaft überschritten, ist auszuklinken.
Das Seil lässt sich nicht ausklinken
Wenn Du nicht ausklinken kannst, melde dem Schlepppiloten dies über Funk oder mache Rollbewegungen mit den Flügeln (wackeln) und fahre die Klappen aus, um dem Schlepppiloten deutlich zu machen, dass das Seil nicht ausklinken will. Der Schlepppilot schleppt dich dann im Sinkschlepp zurück zum Flugplatz und klinkt dich knapp über dem Boden aus (siehe auch Schlepplandung).
Seil oder Seilrest (Seilriss) hängt am Segelflugzeug
Hat der Schlepppilot vor dem Segelflugpiloten ausgeklinkt, oder ist das Seil gerissen, sollte der Segelflugpilot das Seil bzw. den Seilrest nicht planlos abwerfen. Der Abwurf sollte über freiem Gelände oder über dem Flugplatz erfolgen. Bei Flughöhen unter 100 Meter AGL ist das Seil sofort abzuwerfen.
Schlepp-Landung
Bei einer Schlepp-Landung muss das Segelflugzeug die Luftbremsen benutzen, um hinter der Schleppmaschine in der richtigen Höhe zu bleiben und das Schleppseil straff zu halten.
Du musst während des gesamten Sinkfluges angepasst die Luftbremsen einsetzen. Normalerweise ist ein viertel Ausfahren der Luftbremsen mehr als genug, und wenn du zu stark sinkst, solltest du die Luftbremsen einfahren. Du solltest die Luftbremsen nicht mehr als nötig verwenden. Bei Schlepp-Landung bringt dich das Schleppflugzeug zurück zum Ausgangspunkt. Du fliegst auf der gleichen Höhe wie das Schleppflugzeug oder etwas niedriger, aber nur knapp über dem Propellerwirbeln. Da das Schleppflugzeug mit geringer Motorleistung fliegt, wirst du von den Propellerwirbeln nicht viel merken.
Eine weitere Möglichkeit ist der Sinkschlepp und Landeanflug im Tiefschlepp. Dieses Verfahren sollte aber mit allen Beteiligten abgesprochen werden, da du nicht mehr im Rückspiegelbereich des Schlepppiloten bist. Weiterhin kommt es auch auf die jeweiligen Anfluggeschwindigkeiten und Bremsklappenwirkungen sowie die gewählte Sinkrate an. Auch die Örtlichkeit des Flugplatzes kann eine große Rolle spielen. Das für die Luftfahrzeug- und Platzverhältnisse beste Anflugverfahren zur F-Schlepplandung wird dir dein Fluglehrer erklären.
Falls im Rahmen einer Schlepplandeübung nicht gelandet sondern durchgestartet werden soll, fahre nach Erreichen des tiefsten Punktes im Anflug zum Durchstarten die Luftbremsen wieder ein.
Übersteigen des Schleppflugzeugs
Übersteigt das Segelflugzeug aufgrund von Turbulenzen, oder weil der Pilot zu spät reagiert, das Schleppflugzeug soweit, dass dieses nach unten aus dem Blickfeld verschwindet oder sogar bereits nicht mehr zu sehen ist, muss der Segelflugzeugführer sofort ausklinken.
6.7.2 Wetterbedingte Notfälle
Wetterbedingte Notfälle können jederzeit auftreten. Oft werden auch erfahrene Piloten von "Unwettern" überrascht.
Das Flugverhalten deines Segelflugzeugs ändert sich durch den Einfluss von Regen, Schnee und Eis. Die Strömung am Tragflügel reißt früher ab, das Abkippverhalten wird aggressiver und die Trudelneigung steigt. Instrumente können ausfallen oder zeigen nicht mehr genau an. Auch wird beim Fliegen in starken Turbulenzen (z.B. Gewitter) die Struktur deines Segelflugzeugs sehr stark belastet. Dein eigenes fliegerisches Können kann sehr schnell an die Grenzen deiner Leistungsfähigkeit gehen. Mehr über wetterbedingte Gefahren findest du im Kapitel 3 Meteorologie (3.9 Wetterbedingte Gefahren für die Luftfahrt).
6.7.3 Ausleiten Trudeln
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Beachte:
Lies zum Thema Trudeln auch Kapitel 5.6.1 Strömungsablösung bei steigendem Anstellwinkel. Ebenso wird in Kapitel 5.6.6 Trudeln auf die aerodynamischen Grundlagen des Trudelns, sowie das Erkennen und Beenden des Trudelns eingegangen.
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- Lerne, die Signale, die einem Trudeln vorausgehen, richtig zu erkennen, so dass ein ungewolltes Trudeln nicht auftritt.
- Lerne den Strömungsabriss und die Wiederherstellung der Normalfluglage aus einem beginnenden Trudeln kennen
- Lerne das Vermeiden von Trudeln kennen
- Es darf nur bei ausreichender Höhe (nicht unterhalb 1000 m über Grund) und nicht über bebautem Gebiet oder einer Menschenmenge Trudeln geübt werden.
Die Trudel-Übung wird mit einem Segelfluglehrer in einem Doppelsitzer durchgeführt.
Nur dein Segelfluglehrer ist berechtigt das Trudeln zu Ausbildungszwecken absichtlich einzuleiten.
- Bei einem Horizontalflug mit normaler Geschwindigkeit (innerhalb des grünen Bereiches) und normaler Lastigkeit (Fluggewichtsschwerpunkt und Zuladung innerhalb der zulässigen Grenzen) wird kein Segelflugzeug „einfach“ ins Trudeln gehen. Ein Trudeln kann jedoch ungewollt auftreten, wenn:
- die Geschwindigkeit zu niedrig ist
- bei niedriger Geschwindigkeit insbesondere eine Schiebe-Kurve geflogen wird (zu viel Seitenruder in Kurvenrichtung)
- beim Schiebe-Flug und durch Insekten, Regen, Querruderschlag oder infolge von Turbulenzen die Strömung an einem Flügel abreißt.
Sobald an einem Flügel die Strömung ganz oder teilweise abreißt, steigt der Luftwiderstand dieses Flügels deutlich an. Dies führt zu einer Drehung um die Hochachse (Gieren) in Richtung des Flügels mit dem Strömungsabriss.
Die Folge ist, dass die Geschwindigkeit dieses Flügels noch mehr abnimmt, der Flügel noch mehr überzogen wird und wegen des fehlenden bzw. geringeren Auftriebs nach unten kippt.
Wenn dieser Zustand nicht sofort ausgeleitet wird, dreht dein Segelflugzeug weiter in einer schraubenförmig vertikal geneigten Bahn wie ein Korkenzieher um die Hochachse nach unten.
Zuerst führen wir die Sicherheitsmaßnahmen durch. Wir teilen diese vorgeschriebenen Maßnahmen in Handlungen innerhalb und Handlungen außerhalb des Segelflugzeugs ein.
Innen:
- keine losen Gegenstände im Cockpit
- Gurte gestrafft
- Luftbremsen eingefahren und verriegelt und Trimmung auf normale Fluggeschwindigkeit eingestellt
Außen:
- Mache eine Links- und eine Rechtskurve von 180° oder einen Vollkreis, um zu sehen, dass der Luftraum frei ist und sich insbesondere keine Luftfahrzeuge unter dir befinden,
- halte ausreichend Höhe ein,
- nimm einen Orientierungspunkt.
- Führe diese Übung nicht über einer Menschenansammlung oder über bebautem Gebiet durch.
Die Trudel-Übung sollte nur in ausreichend Höhe (nicht unterhalb 1000 m über Grund) durchgeführt werden.
Bei einer kompletten Drehung verlierst du je nach Segelflugzeugtyp mehr als 80 m Höhe; hinzu kommt nach Beendigung der Drehung der Höhenverlust zum Aufbau von Geschwindigkeit und zum Abfangen.
In 450 m Höhe über Grund muss sich das Segelflugzeug wieder in der normalen Fluglage befinden.
Trudeleigenschaften
Die Eigenschaften verschiedener Segelflugzeuge und die Art und Weise, wie du das Trudeln ausleitest, können abweichen.
Manche Segelflugzeuge, besonders mit vorderer Schwerpunktlage (schwere Beladung in vorderen Sitz), trudeln nicht oder beenden das vom Segelfluglehrer eingeleitete Trudeln nach kurzer Zeit von selbst.
Wiederum gibt es doppelsitzige Segelflugzeuge, die sehr trudelfreudig sind. Leider trifft das auch auf die Mehrzahl der Leistungs-Einsitzer zu.
Du darfst das Trudeln nicht mit einer Steilspirale verwechseln:
- Ein Trudeln ist ein überzogener Flugzustand. Beim Trudeln ist deine Fahrt gering und die Kräfte auf das Segelflugzeug sind klein.
- Bei der Steilspirale liegt die Strömung an, deine Fahrt schnellt hoch und die Kräfte auf das Segelflugzeug nehmen schnell zu.
Achte auf die Flugsituation, die das Trudeln ankündigt:
- Nase weit über dem Horizont (zu langsam fliegen)
- nachlässiger, unkoordinierter Kreisflug
Das Entstehen von Trudeln in geringer Höhe
Bei einer Kurve in geringer Höhe, insbesondere in Bodennähe, neigst du dazu, diese Kurve mit der Nase höher am Horizont, als in größerer Höhe und, bezogen auf den Kurvenradius, mit zu geringer Querneigung auszuführen.
In einer Kurve in Bodennähe scheinst du mit der kurven-inneren, tiefen Tragfläche bereits „den Boden zu kratzen“. Du gibst gefühlsmäßig zu wenig Querruder und „zwingst“ allein mit dem Seitenruder das Segelflugzeug um die Kurve. Der Faden zeigt nun auf den inneren Flügel (Schiebe-Kurve). Der innere, langsamere Tragflügel fliegt nun in den vom seitlich angeblasenen Rumpf erzeugten Turbulenzen. Wegen der geringen Höhe bist du zusätzlich geneigt, die Nase des Segelflugzeugs hochzuziehen. Damit wirst du unbemerkt langsamer.
Trudeln vermeiden
Ein Strömungsabriss kündigt sich meist an (z.B. Schütteln am Steuerknüppel). Sobald du merkst, dass du dich dieser Situation näherst:
- Seitenruder zurück,
- Steuerknüppel nach vorne, jedoch nicht schlagartig und
- Geschwindigkeit aufnehmen.
Vermeide tiefe Kurven! Aber wenn du doch eine Kurve in Bodennähe machen musst:
6.7.4 Technisches Versagen
Stellst du während deiner Checks am Boden irgendwelche Unregelmäßigkeiten oder sogar irgendein technisches Versagen fest (defekte Instrumente, Funk, Sprechtaste oder sogar Strukturschäden), muss das Segelflugzeug am Boden bleiben, bis die Sachlage geklärt ist. Das dürfte jedem verständlich sein, aber was machst du während des Fluges?
Ausfall elektrischer Systeme oder Instrumente
Lapidar könntest du sagen: "ohne Strom - nix los". Leider kommt das öfters vor, als du denkst. Es kann eine leere Batterie sein ... ... daran wirst du während des Fluges wenig ändern können. Es können aber auch Fehler in der Verkabelung, oder einfach nur das "Hängenbleiben" eines computergesteuerten Instrumentes oder Anzeigegerätes sein. Hier hilft oft ein "Reset" durch Aus- und wieder Einschalten des Gerätes oder des Hauptschalters.
Funkausfall
Ausfall von mechanischen Instrumenten
Die Funktionsweise der mechanischen Instrumente wird in Kapitel 8.6 Instrumentierung behandelt.
Neben elektrischen Instrumenten können auch die mechanischen Instrumente durchaus ausfallen. Bei einem Flug durch Regen können zum Beispiel Regentropfen in das statische Drucksystem oder das Staurohr gelangen und so zu einer fehlerhaften Anzeige oder zu einem Ausfall führen. Sollte es während deines Flugs einmal zu einem Instrumentenausfall kommen, bewahre Ruhe. Das Segelflugzeug fliegt auch ohne korrekte Anzeige von Geschwindigkeit, Höhe oder Sinkrate ganz normal weiter.
Insbesondere ist ein Ausfall des Variometers nur als ein geringes Problem einzuordnen, das die Flugsicherheit nicht gefährdet. Da der Ausfall des Variometers aber auf ein größeres Problem mit dem (statischen) Drucksystem des Segelflugzeugs hinweisen kann, fliegst du in diesem Fall zurück zum Flugplatz, machst eine normale Platzrunde und landest. Beachte, dass vielleicht auch der Höhenmesser und eventuell auch der Fahrtmesser nicht mehr richtig funktionieren.
Bei Ausfall des Fahrtmessers oder einer fehlerhaften Anzeige, z.B. durch ein verschmutztes Staurohr, hältst du die Fluglage nach Fahrtgeräusch und üblichem Horizontbild ein. Du fliegst zurück zum Flugplatz bzw. die Platzrunde so wie immer und landest.
Bei Ausfall des Höhenmessers oder einer fehlerhaften Anzeige, z.B. durch Verstopfung des statischen Drucksystems, schätzt du deine Flughöhe per Augenmaß ab, fliegst eine normale Platzrunde und landest.
Ruderausfall
Die Steuerungsanlage eines Segelflugzeugs wird in den Kapiteln 5.4. Steuerung und 8.5 Steuerung sowie im Kapitel 8.7 Aufrüsten von Segelflugzeugen, Ruderanschlüssen ausführlich behandelt.
Sollte im Flug ein Ruder ausfallen oder du merkst, dass es klemmt, es nicht oder falsch abgeschlossen ist, gilt es vor allem Ruhe zu bewahren. Falls das nicht funktionierende Ruder in Neutralstellung verklemmt ist, ist das Segelflugzeug mit vorsichtigem Gebrauch der zwei übrigen Ruder, der Trimmung und der Luftbremsen in der Regel noch steuerbar und landbar. Sollte die Fluglage jedoch unkontrollierbar sein oder werden, musst du dich aber bei ausreichender Höhe rechtzeitig zum Notausstieg entscheiden.
Sollte sich während des Flugs das Seitenruder in Neutralstellung verklemmen, versuchst du, mit geringen Höhen- und Querruderausschlägen den Flugplatz oder ein geeignetes Außenlandefeld zu erreichen und zu landen.
Bei Ausfall des Höhenruders (Ruder bleibt in Normalstellung oder lose im Wind) kannst du versuchen, das Segelflugzeug mit der Höhenrudertrimmung und/oder den Landehilfen um die Querachse zu steuern und damit die Fahrt (Normalfluglage) zu halten. Bereite dich beim Höhenruderausfall immer auf einen eventuellen Notausstieg vor.
Beachte: Am Boden achtest du bei der Ruderkontrolle vor dem Start darauf, dass die Ruder in die richtige Richtung gemäß der Steuerbewegung ausschlagen. Nach dem Aufrüsten eines Segelflugzeugs ist im Rahmen der Vorflugkontrolle eine Überprüfung sämtlicher Anschlüsse durch Sichtprüfung und funktionelle Kontrolle notwendig.
Betanken des Segelflugzeugs am Boden (TMG, Eigenstarter, Turbo)
Motorbrand in der Luft (TMG, Eigenstarter, Turbo)
Rauchentwicklung im Flug
Stellst du während des Fluges Rauch im Cockpit fest, musst du als erstes die elektrische Anlage mit dem Hauptschalter abschalten (falls vorhanden). Außerdem Sicherungen ziehen und alle elektrischen Geräte ausschalten. Nur so kannst du einer eventuellen Brandgefahr vorbeugen. Der Brandrauch kann durch ein offenes Feuer oder auch durch Verschmoren (Kabelbrand) entstehen. Rauch verdrängt nicht nur den überlebenswichtigen Sauerstoff, sondern kann auch deine Kabine mit dem gefährlichen Kohlenmonoxid oder anderen giftigen Gasen zumindest teilweise füllen. Die Erfahrung zeigt, dass oft schon wenige Atemzüge zur Bewusstlosigkeit und somit zu deiner Handlungsunfähigkeit führen. Die Kabinenlüftung wird normalerweise nicht ausreichen, somit denke auch daran, erforderlichenfalls die Haube abzuwerfen, um zumindest frei atmen zu können. Eine Haube ist nicht billig, aber bewusstlos abzustürzen ist mit Sicherheit keine Alternative. Auf alle Fälle musst du so schnell wie möglich landen.
Solltest du einen Turbo oder Eigenstarter fliegen, machst du vor der Notlandung zusätzlich die Zündung aus und schließt den Brandhahn/Kraftstoffhahn. Beim Elektromotor ist sofort der Batterietrennschalter (Not-Aus) zu betätigen.
Batteriebrand
In Kapitel 8.12 wird auf Gefahren (und Wartung) durch unsachgemäße Benutzung von Batterien eingegangen. Bei unsachgemäßer Verwendung oder Beschädigung können sich Batterien selbst entzünden. Sollte ein Batteriebrand während des Fluges auftreten musst du sofort alles "Elektrische" ausschalten (Batterie-trennschalter - "Notaus") und so schnell wie möglich landen. Solltest du einen Turbo oder Eigenstarter fliegen, machst du vor der Notlandung zusätzlich die Zündung aus und schließt den Brandhahn/Kraftstoffhahn. |
6.7.5 Landung in besonderen Fällen
Steht eine Landung in besonderen Fällen bevor, ist es wichtig, dass du sehr straff angeschnallt bist. Nur so kannst du eine evtl. Verletzungsgefahr durch plötzliches Abbremsen minimieren. Ziehe also deine Anschnallgurte so fest du kannst. Nicht nur die Beckengurte, auch die Schultergurte, Segelflugzeuge haben keine Gurtstraffer.
Fahre bei Segelflugzeugen mit Einziehfahrwerk immer das Fahrwerk aus. Die Vorzüge einer Bauchlandung bei einer Außenladung, weil man ja das Fahrwerk beschädigen könnte, sind ein Märchen!!!
Selbst wenn das Fahrwerk abgerissen würde; die hier verbrauchte Energie kriegt deine Wirbelsäule, schließlich wärst du ohne Fahrwerk nur wenige Zentimeter über der Erde, schon nicht mehr ab. Das Fahrwerk lässt sich reparieren, die Querschnittslähmung bleibt.
Bauchlandung
Falls du bei der Landung im Endanflug bemerkst oder über Funk gesagt bekommst, dass du das Ausfahren des Fahrwerks vergessen hast, dann fahre das Fahrwerk nicht aus und konzentriere dich lieber auf eine saubere Landung mit korrektem Abfangbogen und sanftem Aufsetzen mit Mindestfahrt.
Die Gefahr, im Endanflug, insbesondere in Bodennähe, beim Fahrwerkausfahren durch abrupte Ruderausschläge die Fluglage unkontrolliert zu verändern, ist zu groß und kann bei hartem Aufsetzen zu Verletzungen des Piloten und zu größeren strukturellen Schäden am Luftfahrzeug führen. Die nach einer sanften Landung bei eingefahrenem Fahrwerk entstehende Verfärbung durch Gras und kleinere Schrammen am Luftfahrzeug lassen sich hingegen häufig wegpolieren oder es ist lediglich die Neu-Lackierung des Rumpfbootes erforderlich.
Auch, wenn sich das Fahrwerk nicht ordnungsgemäß ausfahren lässt, ist die sanfte Landung bei eingefahrenem Fahrwerk auf Gras meist die bessere Alternative. Das gilt jedoch nur, wenn du die landbare Fläche genau kennst, wie z.B. deine Segelfluglandebahn.
Notwasserung
Landung in hohem Bewuchs
Waldlandung
Bei einer Landung im Wald nimmst du die Baumspitzen als Erdoberfläche an und setzt mit Mindestfahrt auf. Es kann sein, dass dein Segelflugzeug in größerer Höhe in den Bäumen hängen bleibt, mitunter auch kopfüber. Nach der Baumlandung ist vor allem deine Selbstsicherung gegen einen Sturz aus der Höhe wichtig.
Geglückte Baumlandung aus alter Zeit.
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Drehlandung (Ringelpiez)
Eine Drehlandung oder auch Ringelpiez wird durch die Berührung eines Hindernisses oder des Bodens mit einer der beiden Tragflächen des Segelflugzeugs ausgelöst. Durch die bestehende Geschwindigkeit und dem einseitigen, mechanischen Hebel der abgebremsten Tragfläche, erfolgt sofort nach der Berührung eine unkontrollierte Drehbewegung. Gleichzeitig kann, je nach Geschwindigkeit, die beschleunigte Tragfläche durch den erhöhten Auftrieb angehoben werden, im schlimmsten Fall bis zum Überschlag.
Erfordert es die Beschaffenheit des Landefeldes, z.B. ein Graben oder Hindernis taucht auf oder du hast dich einfach verschätzt und das Feld wird zu kurz, musst du kurz vor "dem Knall" bewusst einen Ringelpiez einleiten. Hier geht es ganz einfach um dein Wohl und nicht um das Segelflugzeug.
Landung im hügeligen Gelände (Hang aufwärts oder schräg)
Landung im unlandbaren Gelände oder in ein Hindernis
Versuche, mit einem Flügel in den Boden oder in das Hindernis (z.B. Mauer) zu slippen. So wird ein großer Teil der Eigenenergie aufgebraucht. Die Tragfläche wird zur "Knautschzone".
Beachte: Einem unlandbaren Gelände kannst du, wenn überhaupt, nur aus großer Höhe oder mit Motorkraft entkommen, wenn nicht, musst du versuchen, das Beste für dich daraus zu machen.
Eine Begebenheit in Walldürn BW (EDEW) im Sommer 2004
Es war brütend heiß und ein UL startete doppelsitzig in Richtung Westen auf der 24. In ca. 50 m Höhe wurde es zu langsam und kippte nach links über den Tragflügel ab. Das UL schlug in steilem Winkel auf dem Campingplatz, der südlich der Startbahn liegt, ein. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich keine Personen auf dem Campingplatz, alles war beim Fliegen.
Zum Glück schlug das UL genau zwischen zwei Wohnwagen auf, die beiden Tragflächen spalteten je ein Wohnwagendach und somit wurde so viel kinetische Energie verbraucht, dass der Cockpitaufprall des sehr leichten UL's "relativ" sanft ausfiel. Die Piloten kamen mit starken Prellungen, ein paar Schnittwunden und einem Beinbruch davon.
Diese "Landung" zwischen zwei Hindernisse war jedoch nicht bewusst gesteuert.
Anker: Windenstart = NotW; F-Schlepp = NotF; Wetterbedingt = NotWet; Trudeln = Trudeln6; Technisches Versagen = NotTech; Landung = BesLand
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