8.9 Lufttüchtigkeit und Instandhaltung
Um den sicheren Betrieb eines Luftfahrzeugs zu gewährleisten, müssen
- die Lufttüchtigkeit sichergestellt sein,
- die Betriebsvorschriften beachtet werden.
Die Zulassung und die Instandhaltung von Luftfahrtgerät sind durch die Luftfahrtgesetzgebung geregelt. Dabei sind die Verordnungen des Rates der Europäischen Union und die nationalen (deutschen) Rechtsvorschriften zu beachten.
- 8.9.1 Zertifizierung von Luftfahrzeugen und zugehörigen Produkten
- Musterzulassung
- Konformitätserklärung
- Lufttüchtigkeitszeugnis
- Lufttüchtigkeit und Instandhaltung
- Lärmschutzzeugnis
- Lufttüchtigkeitsanweisungen
8.9.1 Zertifizierung von Luftfahrzeugen und zugehörigen Produkten
Vorwort
Die Zertifizierung von Luftfahrzeugen ist ein kapitelüberschneidendes Thema, daher wird es ebenso im Luftrecht in den Kapiteln
behandelt. Insofern können sich einige Inhalte wiederholen, enthalten jedoch dem Fach entsprechend wichtige Schwerpunkte, die du als Pilot kennen solltest.
Musterzulassung
Bei Entwicklung und Konstruktion eines neuen Typs müssen die Bauvorschriften eingehalten werden. Für Segelflugzeuge und Motorsegler gelten derzeit die "Certification Specifications for Sailplanes and Powered Sailplanes CS-22".
Die Musterzulassung z.B. der ASK 21 erfolgte im Jahr 1979 nach nationalem Recht, nach der LSFM. Kurze Zeit darauf wurden die Erkenntnisse dieser Vorschrift und Erkenntnisse aus Bau- und Zulassungsvorschriften anderer europäischer Länder (z.B. DGAC - Direction générale de l’aviation civile - Frankreich) in der JAR 22 (Joint Airworthiness Requirements for Sailplanes an Powered Sailplanes) zusammengefasst. Diese wurde ohne große Änderungen von der EASA übernommen und sind nun als CS-22 gültig.
Die angewandten Bauvorschriften in der jeweils gültigen Fassung (derzeit CS 22) enthalten die Mindestanforderungen hinsichtlich
- Betriebsverhalten (→ Flugerprobung)
- Festigkeit (→ Bruchversuche)
- Gestaltung und Bauausführung
- Triebwerksanlage (incI. Kraftstoffanlage und Bedieneinrichtungen)
- Ausrüstung (Bordinstrumente, Anschnallgurte, elektrische Anlage, Sauerstoffanlage)
- Betriebsgrenzen und Angaben (→ Flug- und Wartungshandbuch)
- Motoren (für Motorseglermotoren gelten etwas einfachere Forderungen als für Flugmotoren, z. B. Einfachzündung)
- Propeller
In der Musterprüfung wird festgestellt, ob die Bauvorschriften in allen Punkten eingehalten werden; ist dies der Fall, erfolgt mit der Ausstellung des Musterzulassungsscheins (Type Certificate) durch die European Aviation Safety Agency (EASA) die Musterzulassung des neuen Typs. Der Musterzulassungsschein nimmt Bezug auf das Gerätekennblatt (Type Certificate Data Sheet) gleicher Nummer, in dem die wichtigsten Merkmale des Musters beschrieben und festgelegt sind. Jedes weitere Flugzeug dieser Serie erhält nach vielen Qualitätskontrollen und einem Testflug eine Werksfreigabe, mit der, basierend auf der Musterzulassung, eine Lufttüchtigkeits-bescheinigung beantragt werden kann. |
Konformitätserklärung
Die Konformitätserklärung enthält in der Regel Informationen über das Flugzeug, einschließlich seiner technischen Spezifikationen und der verwendeten Materialien. Sie kann auch Informationen über die durchgeführten Tests und Prüfungen enthalten, um die Einhaltung der geltenden Vorschriften zu bestätigen. Die Konformitätserklärung ist ein wichtiger Bestandteil des Zertifizierungsprozesses für Flugzeuge und muss von einer zugelassenen Stelle ausgestellt werden.
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Lufttüchtigkeitszeugnis
Im Interesse der Sicherheit muss ein Luftfahrzeug entsprechend den Lufttüchtigkeitsanforderungen des Eintragungsstaates konstruiert, gebaut und betrieben werden. Ist dies gewährleistet, wird dem Luftfahrzeug ein Lufttüchtigkeitszeugnis ausgestellt.
Dieses Lufttüchtigkeitszeugnis wird heute als ARC (Airworthiness Review Certificate) bezeichnet. Ein Lufttüchtigkeitszeugnis ist die Bescheinigung darüber, dass ein bestimmtes Luftfahrzeug sich in einem Zustand befindet, der einen sicheren Flugbetrieb erlaubt. In der Bundesrepublik Deutschland erfolgt die Erteilung durch das Luftfahrt-Bundesamt (LBA). |
Der Halter des Luftfahrzeuges und der Halter der Musterzulassung sind für die Aufrechterhaltung des Zeugnisses verantwortlich.
Lufttüchtigkeit und Instandhaltung
Die technische Verwaltung enthält u.a. ein genehmigtes „Instandhaltungs-Programm“ (IHP) sowie Dokumente, die belegen, dass das Luftfahrzeug alle Lufttüchtigkeitsanforderungen erfüllt.
Beispiele sind das AMP „Aircraft Maintenence Program“ (In Deutschland IHP genannt), das Bordbuch, die Instandhaltungserklärung, Freigabeerklärungen z.B. nach einer Wartungsmaßnahme, aber auch der Status von vorgeschriebenen Inspektionen, Lufttüchtigkeitsanweisungen, Technischen Mitteilungen (TMs) und/oder Änderungen (Service Bulletins: SBs).
Das Wartungsprogramm und die Wartung liegen in der Verantwortung des Flugzeughalters. Das Wartungsprogramm muss von einem AMP-Inspektor (AMPI), der auch Teil der CAMO (Continuing Aircraft Maintenance Organisation) ist, genehmigt werden. Neben dem genehmigten Wartungsprogramm muss der Eigentümer/Halter dafür sorgen, dass die Wartung rechtzeitig von den richtigen Personen durchgeführt wird.
Der Pilot-/Halter (POM Pilot Owner Maintenance), darf nicht-komplexe Wartung und komplexe Wartung durchführen.
Die Wartung durch den Piloten/Halter kann aus kleinen, einfachen Arbeiten bestehen, die im IHP beschrieben sind und nach denen der Pilot/Halter selbst das Flugzeug durch eine "Freigabebescheinigung" wieder für lufttüchtig erklärt. Dies geht über die Inspektion nach der Montage hinaus; zum Beispiel ein Radwechsel.
Lärmschutzzeugnis
Segelflugzeuge mit einem Hilfsmotor als "Selbststarter" müssen ein Lärmzeugnis haben. Aus diesem geht hervor, in welche Lärmklasse sie fallen. Segelflugzeuge mit einem Hilfsmotor als so genannte "Heimkehrhilfe" („Turbo“) sind meistens davon ausgenommen, da sie vom Boden aus gemessen wenig oder keinen Lärm erzeugen. Diese Befreiung wird in einer mitzuführenden Erklärung angegeben. Beispiel: Lärmschutzzeugnis
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Lufttüchtigkeitsanweisungen
Eine Lufttüchtigkeitsanweisung (LTA), englisch airworthiness directive (AD), enthält eine Liste mit verbindlich durchzuführenden Maßnahmen, wenn sich nach Zulassung eines Luftfahrtgerätes dessen Mangelhaftigkeit herausstellt, und dadurch die Lufttüchtigkeit eingeschränkt ist.
Die aufgeführten Maßnahmen sollen die Lufttüchtigkeit wiederherstellen und können Inspektionen, Reparaturen etc. umfassen. Zu diesem Zweck erstellt der Halter der Musterzulassung ein Sicherheitsbulletin (service bulletin), welches die zu treffenden Maßnahmen beschreibt.
Erst wenn die angeordneten Maßnahmen vorschriftsgemäß durchgeführt worden sind, darf das betroffene Luftfahrtgerät wieder in Betrieb genommen werden.
8.9.2 Fortlaufende Lufttüchtigkeit
Vorflugkontrollen
Die bekannteste Inspektion ist die tägliche Inspektion, die vor dem ersten Flug des Tages (Vorflugkontrolle), aber auch nach jeder Montage (Aufbaukontrolle) durchgeführt werden muss. Diese Prüfung ist vom Gesetzgeber vorgeschrieben und jeder, der im Besitz einer gültigen SPL ist, darf diese Prüfung durchführen und abzeichnen.
Es ist zu beachten, dass diese Überprüfung von einem Fluglehrer oder von einem Techniker abgezeichnet werden muss, sobald das Segelflugzeug von einem Segelflugschüler, geflogen wird. Dabei ist es unerheblich, ob ein Segelfluglehrer an Bord ist oder nicht.
Hier ein Beispiel für die tägliche Prüfung einer ASK 21.
Mängel oder Schäden am Luftfahrzeug
In der Regel findet in der Winterpause die jährliche Inspektion statt. Diese Prüfung wird von einem qualifizierten Techniker (i.d.R. Werkstattleiter) durchgeführt und abgezeichnet.
Instandhaltung durch Instandhaltungsbetrieb
Eingeschränkte Instandhaltung durch den Piloten/Halter
Bei kleineren Reparaturen oder Austausch von Verschleißteilen muss der Pilot/Halter dies im Bordbuch eintragen unter Verweis auf die verwendeten Unterlagen.
Freigabedokument
Das Freigabedokument ist ein Dokument, das, wie der Name schon sagt, das Luftfahrzeug nach einer Reparatur oder Änderung freigibt. Das Dokument ist Teil der technischen Verwaltung, die nicht mit an Bord des Luftfahrzeugs mitgeführt wird.